Kiki Smith
Empathy

Die US-amerikanische Künstlerin Kiki Smith ist mit dem Diözesanmuseum Freising und seinen historischen Sammlungen seit langem vertraut. Von New York, wo sie lebt, ist sie immer wieder angereist, um an dem einzigartigen Projekt einer Kapelle zu arbeiten. Zur Eröffnung dieser Kapelle, die der Jungfrau Maria gewidmet ist und den Titel The Chapel of Mary‘s Mantle trägt, zeigt das Diözesanmuseum auch eine Ausstellung der Künstlerin. Darin entfaltet sich das Universum der Kiki Smith mit hervorragenden Werken aus den letzten beiden Jahrzehnten: Skulpturen aus patinierter Bronze und Aluminium, Malerei auf Glas mit Blattgold, Zeichnungen auf Nepalpapier, Kupferdrucke und Collagen, Photographien und Jacquard-Tapisserien. Die Wunderwelt einer heiteren Natur steht neben den Bildern von Tod und Sterben, Harmonie und Nähe neben Leid und Gewalt. Mensch, Tier, Pflanze, die belebte wie die „unbelebte“ Natur, sind mit einander verbunden in einer permanenten Metamorphose. „Alle Elemente kommen zusammen und verschmelzen zu einem Ganzen“, sagt Kiki Smith. So entwachsen Blumen aus Glas dem offenen Totenschrein (Ashen, 2010) und Blüten und menschliches Antlitz verbinden sich in bronzenen Bodenskulpturen (Flower Head I, II, 2012).

Die über sechs Meter lange Collage der Himmelskonstellationen aus dem Jahr 2013 von Noctua, der Eule, Corvus, der Krähe, Hydra, der Wasserschlange, und Filis, der Katze, imaginiert im Freisinger Saal Erscheinungen des Himmels und deren Manifestationen auf der Erde. Sterne aus rotem Glas (Mine, 1999) liegen verstreut auf dem Boden, eine silberne Spiral Nebula Skulptur (2017) schwebt von der Decke im Münchner Saal. Tiere als die Hüter der Natur überall: Vögel, auf Nepalpapier gezeichnet und collagiert, bewohnen die Arkaden um den Lichthof wie Embleme in einem Kreuzgang; Katze und Vogel finden sich freundschaftlich in vielen Variationen in Wasserfarbe und Kreide auf Papier (Empath, 2022). In den Kosmos von Sternen, Schlange und „sehenden“ Pflanzen ist die Frau eingebunden wie in der Tapisserie Earth (2012), dem Einladungsmotiv der Ausstellung. Eine weibliche Gestalt erscheint auch als „sich Erinnernde“ auf Glas gemalt (Reminiscent, 2011) und nackt, in glänzendem Aluminium, von bronzenen „Krücken“ gestützt (Red Standing Moon, 2003) oder auf einem Scheiterhaufen knieend (Woman on Pyre, 2001).

Kiki Smiths Werke entwerfen Möglichkeiten und Visionen des Verbunden Seins, des Mitgefühls, der Intuition; sie thematisieren Sorge und Liebe für den Anderen, die fließende Energie zwischen Körpern und ihre friedvolle Nähe. Dies kommt in einigen Titeln zum Ausdruck wie Empath (2022) oder Touched (2007), eine Arbeit auf Papier über die Verbundenheit von Mann und Frau, und auch in Vision (2009), einer Serie auf Nepalpapier in Glimmer und Blattgold. Das scheint Kiki Smiths Intention: Verwandlung durch Mitgefühl und Handlungen radikaler Empathie; Empfindsamkeit gegenüber allen Lebensformen. Dabei vertraut sie in eine universelle Ordnung. „It is all holding us. I always think the whole universe is in some of love agreement” - “Alles hält uns zusammen. Ich denke immer, dass das ganze Universum in einer Art von Liebesvereinbarung ist.“

Kiki Smith wurde 1954 als Tochter der amerikanischen Schauspielerin und Opernsängerin Jane Lawrence und des Architekten und Bildhauers Tony Smith, ein bedeutender Vertreter des abstrakten Expressionismus und wichtiger Wegbereiter des Minimalismus, in Nürnberg geboren. 1955 ging die Familie zurück in die USA.

Kiki Smith ist eine Leitfigur in der Ästhetik und der transzendentalen Kraft ihrer Werke und als weibliche Künstlerin eine Ikone. Ihre Arbeiten wurden weltweit in unzähligen Ausstellungen renommierter Museen gezeigt und befinden sich in bedeutenden öffentlichen und privaten Sammlungen. Kiki Smith wurde mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen und Preisen bedacht. Sie ist außerordentliche Professorin an der New York University und der Columbia University. Sie lebt und arbeitet in New York City und Upstate New York.

Die Ausstellung ist kuratiert von Petra Giloy-Hirtz in Zusammenarbeit mit der Künstlerin.

©Diözesanmuseum Freising, Photos: Thomas Dashuber